Auf den
Trichter
gekommen
Bei K lip sch s R F -6 2 e r w a r te te n
w ir e in e n M a u lh e ld e n - u n d
w u rd e n z u m G lü ck e n ttä u s c h t
K
ann man uns die Vorbehalte verden-
ken? Schließlich reißt die Amerikanerin
ihren Rand gehörig auf. Und das nicht nur
in Form ihres Tractrix-Horns mit neu be-
rechneter Halsgeometrie, das dem 26 Milli-
meter durchmessenden Kompressionstrei-
ber mit Titanmembran vorsteht. Nein, die
RF-62 ist schlicht und einfach laut. Ihr
Wirkungsgrad
liegt einige De-
zibel über dem
der
Mitbewer-
ber, was mehr
Schalldruck aus
Das „großmäulige"
TractrixHorn wird von
einem rund 25 Millime-
ter durchmessenden
Hochtöner mit Titan-
membran geladen
der Verstärkerleis-
tung macht und ge-
rade im lauten Be-
trieb dessen Watt-
Resourcen schont.
„Partybox“
mit
Anspruch lautete denn auch oft das Testfazit
eines Modells aus Klipschs Reference-Serie.
Ich furchte, nach deren Überarbeitung müs-
sen wir umdenken. Zwar springt einen die
Lebendigkeit der sich auf spikebewehrte
Ausleger abstützenden Säule nach wie vor
förmlich an, geben ihre beiden 16,5-Zenti-
meter-Tieftöner, die bis 1800 Hertz hinauf
"beiten, dem Klangbild eine gehörige
Portion Punch, doch fehlt ihr die ge-
wohnte Krawall-Attitüde, besticht die
RF-62 mit ausgeprägtem, aber gezü-
geltem Temperament.
So enthält sich die Box jeglicher
Übertreibung im Bass oder Grund-
ton, spielt stimmig, knackig und tro-
cken. Im direkten Vergleich mit ihren
Klassenkameradinnen fiel anfangs al-
lenfalls eine leicht bissig-heisere Note
in den Höhen auf, die Streicher zu-
weilen etwas sandig tönen ließ, die je-
doch mii zunehmender Einspielzeit
mehr und mehr verschwand.
Kurz und auf den Punkt arbeiten die
rückwärtig über zwei mächtige Re-
flexöffnungen beatmeten Woofer mit
golden schimmernder „Cerametal-
lic“-Kompositmembran, der Klipsch
eine hohe Steifigkeit bei starker inne-
rer Dämpfung zuschreibt. Das glau-
ben wir gern, denn obwohl der Her-
steller die Stabilität des verstrebten
Gehäuses betont, resoniert das beim
seitlichen Klopfen hohl wie ein leerer
Waschmitteleimer. Aber was zählt, ist
nun mal das, was hinten, Verzeihung,
vorne rauskommt. Seien ihre Wände
auch dünn und die Schallwand samt
Horn aus Kunststoff - die Klipsch hat
eine audiophile Seele. Ihre Fein- wie
Grobdynamik
ist
hervorragend,
ebenso die Plastizität und das exak-
te Tiefenrelief. Der Spaß ist geblie-
ben, doch die Amerikaner sind bei
der RF-62 auf den hifidelen Trich-
ter gekommen. Da darf die auch eine
große Klappe riskieren.
KLIPSCH RF-62 ------------------
Paar um € 1000
Maße: 22 x 103 x 40 cm (BxHxT)
Garantie: 5 Jahre
Vertrieb: Osiris Audio
Tel.: 0231/87800440
www.osiris-audio.de
Hatten Klipschs frühere „Reference''-Boxen
oft gezielt auf die Spaßfraktion geschielt,
punktet die RF-62 doch tatsächlich vor
allem mit hifidelen Tugenden. Geblieben ist
die Impulsivität und der knackige Bass, der
hier ohne Überhöhung kommt und gehöri-
gen Tiefgang hat. Erstaunlich sind die Ex-
aktheit in der Dreidimensionalität und die
natürliche Homogenität.
LABOR
FREQUENZGANG
Dass Klipsch ein echter Spezialist für Horn-
lautsprecher ist, zeigt der im Bereich der
Mitten erstaunlich glatte Verlauf des Fre-
quenzschriebs. Die Höhen steigen auf Ach-
se (rote Kurve) zwar etwas an, doch schon
unter einem 30-Grad-Winkel sind sie deut-
lich schwächer. Bei linearerer Abstimmung
wäre das Ergebnis zu matt. Im
Hörtest gab
sich die mit hohem Wirkungsgrad ausge-
stattete, im Bass tief hinabreichende RF-62
jedenfalls nicht zu hell. Im Gegenteil. Für
diese Ausgeglichenheit war wohl einige
Weichenarbeit nötig. Die Impedanzspitzen
reichen bis 50 Ohm. Die Sprungantwort
zeigt die fast gleichzeitige Reaktion der
Chassis, jedoch auch einige Resonanzen.
SEHR GUT
2/2009 STEREO HIFI-SPARBUCH 3/
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